Montag, 12. Februar 2018

Camperferien

Nach etwas mehr als 9 Wochen sind wir wieder mit unseren Rucksäcken unterwegs. Die Zeit mit dem "eigenen" Auto war eine total andere Art zu reisen, zumal man auch ein komplett anderes Reisevolk trifft. Für uns war es eine nochmals extrem intensive Zeit, auf der wir eine etwas andere Seite vom Reisen entdeckt haben. Ich glaube sogar, dass uns das so gefallen hat, dass sich eine weitere Reise durchaus auf unseren eigenen Rädern abspielen könnte.

Da wir langsam ans nördliche Ende von Patagonien gelangten wo es noch subventionierten Sprit gab, wurden die Schlangen an den Tankstellen auch länger. Als ich normal zur Tankstelle fuhr, machte mich ein Einheimischer darauf aufmerksam, dass da hinten die wartenden Autos im Schatten stünden. Tatsächlich zog sich die Schlange um insgesamt etwa 4 Quartiere rum. So entschloss ich mich für die nächste Tankstelle wo ich nur 2h!! wartete, bei 34grad..

Mittlerweile waren wir in der Mitte der Ruta 40 angekommen, auf welcher wir auch weiter nördlich fuhren.

Zur Abwechslung hatten wir wiedermal Schotterstrasse welche immer schlimmer wurde und die anfangs angekündigten 40km waren auch schon lange vorbei... So waren wir froh die ersten Baumaschinen zu erspähen was gleichbedeutend war mit Asphaltstrasse :-). Um unseren Fahrtag etwas angenehmer zu gestalten besuchten wir noch die Caverna de las Brujas (Kavernen der Hexen). Die Höhle an sich war nicht so spektakulär, jedoch unser Weg durch die schmalen Gänge welche teils nur mit Kriechen durchquert werden konnten. Ich war sehr überrascht dass sich Katja überwinden konnte solche Stellen zu meistern. Sichtlich stolz war sie dann auch als wir wieder an der frischen Luft waren.



Richtung Mendoza zeigte sich dann die andere Seite vom warmen Wetter. Wir kamen in ein Gewitter welches mit sinnflutartigen Regenfällen auf unser Truckli einschlug. Nicht genug kam noch Hagel dazu, sodass mir etwas mulmig wurde und ich kurzerhand wendete um unser Truckli in "Sicherheit" zu bringen. Katja habe ich gesagt es sei nur dass auch die andere Seite sauber gewaschen werde, da es praktisch horizontal regnete. Nach kurzer Zeit lichtete sich der Himmel und wir konnten nach Mendoza fahren. Mendoza gilt als DAS Weinanbaugebiet schlechthin in Südamerika und ist daher auch ziemlich kommerzionell. Wir schlenderten jedoch nur etwas durch die Stadt und übernachteten etwas ausserhalb.
In San Juan besuchten wir dann zwei Weinbodegas, da es hier noch ursprünglicher einher gehen sollte. Den ersten Besuch hätten wir uns sparen können, da nur ein leeres Weingut zu sehen war und eine Arbeiterin etwas über den Wein erklärte. Beim zweiten Weingut handelte es sich um einen Weinhersteller, der die Trauben einkauft, selbst aber keine Reben hat. Der Weinkeller war aber sehr impossant und die Führung aufschlussreich.



Wir erhofften uns eigentlich auf einem Weingut übernachten zu können, aber das gibt es hier scheinbar nicht. So parkten wir unser Truckli auf einer Sandstrasse unweit der Hauptstrasse gleich neben einem riesigen Rebenfeld. Ja wir haben ein paar Trauben stibitzt - obwohl Weintrauben waren diese suuuuuper lecker!
In der Nacht erlebten wir wahrscheinlich eines der schlimmsten Gewitter die wir bis anhin hatten. So waren wir am Morgen mit einer unterwasserstehenden Sandstrasse konfrontiert.....Mit einem Zweig prüfte ich die Wassertiefe und wie fest der Untergrund war. Nebst dem Einsinken gab es noch eine andere Gefahr - die Dornen! Von Martin (einem anderen Schweizer) haben wir erfahren, dass er all seine Pneu (inkl. Reserverad) durchlöchert hat mit Dornen und nur mit Glück in den nächsten Ort kam. So entschieden wir uns auf der Strasse zu bleiben und durchs Wasser zu fahren - es war ja schliesslich nah an der Hauptstrasse und Hilfe wäre nah. Einfacher als gedacht kamen wir wieder aus unserem Nachtlager auf die Hauptstrasse. Phuu Glück gha!


Auf unserer Reise durch Argentinien haben wir den Strassen entlang immerwieder riesige Haufen von Plastikflaschen gesehen. Wir dachten erst an Abfallhalden. Erst beim genaueren Hinsehen befand sich immer auch eine Art Tempel in der Mitte. Es handelte sich um "Difunta Correa". Eine Frau die ihrem Mann und dessen Armee durch die Wüste gefolgt war inkl. Baby. Man fand die verdurstete Frau mit dem noch lebenden Baby an ihrer Brust. Daher werden die Plastikflaschen mit Wasser niedergelegt um ihren Durst zu stillen. Difunta Correa wird wie eine Virgen (Jungfrau) verehrt. So wird ihr gedankt für all das Gute was einem Wiederfährt. Ein neues Auto, Gesundheit, Kinder, neues Haus bis hin zum neuen Tattoo.Wir besuchten den Hauptschrein welcher auf unserem Weg lag. Dies hat sich zu einem regelrechten Anziehungspunkt entwickelt und zu dem Haupttag sollen sich hier mehr als 200'000 Pilger treffen.


Auf einer sehr welligen Strasse in den Nationalpark Ischigulasto mussten wir immerwieder kleine Bäche oder Schlammgruben durchfahren. Da es hier scheinbar nicht viel regnet , wurden auch keine Brücken über die normalerweise trockenen Flüsse gebaut. Regnet es dann mal muss man halt schauen wie man durchkommt. Obwohl wir alle Bäche queren konnten, hielt uns dann die Tour de San Juan auf. Eine Velorenntour welche gerade an diesem Tag in San Augustin Halt machte und dafür wurden die Strassen gesperrt. So machten wir einen Halt im Zielbereich, wo der "Gringo" natürlich auch gleich wieder interviewt wurde.
Wir kamen dann am Abend doch noch im Nationalpark an. Auf Anfrage durften wir nicht übernachten hier - manchmal muss man einfach mal schauen was passiert. So stellten wir uns trotzdem auf den Parkplatz und konnten so die Toiletten wie auch die Dusche gratis benutzen. Der Park ist bekannt für seine Dinosaurierfunde und die alten Gesteinsformationen welche bis zu 230Mio Jahre alt sind. Da der Morgen aber völlig neblig war entschieden wir uns gegen eine Tour mit dem Wissen, dass wir auf dem Rückweg noch eine zweite Chance haben werden.

 Mit zunehmender Fahrdauer wurde auch das Wetter wieder besser und wir waren froh in Catamarca Schattenplätze zu finden! Da wiedermal Waschtag angesagt war, übernachteten wir im Camping Municipal. Dieser war komplett gratis inkl. Duschen und einem riesigen Pool. Etwas skeptisch fragten wir nach einem ruhigen Platz und stellten uns in die hinterste Ecke. Da Tagsüber am Pool wie auch bei einigen Zelten Partymusik angesagt war, rechneten wir mit einer unruhigen Nacht. Zu unserem Erstaunen verstummte mit der untergehenden Sonne auch die Musik und wir hatten eine wunderbare Nacht.

Wir waren froh, dass unser Weg uns etwas in die Höhe brachte und wir der Hitze so etwas entkommen konnten. Zumindest dass die Nächte "schlafbar" sind. In El Mollar, in einem malerischen Alptal auf einer Art Hochebene blieben wir fürs Wochenende, da das Festival de la Verduras (Gemüsfest) auf dem Veranstaltungskalender Stand.
Wir gingen an die nächtliche Veranstaltung welche um Zehn startete und bis etwa 5Uhr dauern sollte. Ein Herr welcher durch den Abend führen sollte, nutzte die Bühne, das Mikrophon und die laute Musikanlage um seine Lieblingslieder zum Besten zu geben. Dies natürlich völlig Laienhaft, wobei er ständig wieder neue Lieder auf seinem Laptop suchen musste und nie eines zuende sang. Wir waren dann froh als endlich die erst Band, zwei Jungs, auf die Bühen traten. Wir ahnten schon schlimmes, da wir diese am Vorabend auf dem Zentrumsplatz gesehen hatten. Und tatsächlich haben sie ihre Gitarre und Geige aufs übelste misshandelt!! So was kann man nicht mal als Folklore verkaufen, echt schrecklich. Anschliessend traten Vater und Tochter auf, es scheint hier Mode zu sein die Instrumente zu missbrauchen! Uns kamen die zwei alten Frauen welche ziemlich schrecklich sangen wie eine Erlösung vor, zumal dies noch echte Folklore war. Die folgende Altherrenband war auch kein Ohrwurm, hinzu kam, dass der Abendunterhalter ständig von hinter der Bühne mitsang und das Publikum aufzumuntern versuchte.... Die erste richtig gute ,junge Band wurde dann nach 2 Liedern abgewürgt, da die Zeit nicht ausreiche. Nach Intervention vom Publikum (einer rief laut) durften sie dann nochmals eins spielen. Wir schauten uns noch zwei Tanzgruppen an die hier örtliche Folklore vorführten. Es ging mit den ganz Kleinen los welche ein bemerkenswertes Tacktgefühl hatten und bereits stepptanzten wie die grossen. Jede Altersgruppe bis zu den alt eingesessenen hatten ihren Auftritt, welche die örtlichen Tänze vorführten. Alles in allem war es interessant dies mal zu sehen, jedoch gehört dies sicherlich in die Abteilung "Kurioses".

Vom Hochland ging es über einen 3000m hohen Pass, welcher unser Truckli im 2+3 Gang souverän meisterte. Auf der anderen Seite warteten die Ruinen von Quilmes. Dies sind die bedeutensden Ruinen in Argentinien welche von der damals hier ansässigen Daguitas Kultur erstellt wurden. Von den orginalen Gebäuden sieht man nicht mehr viel in der von Kakteen und Sträuchern überwachsenen Ebene. Einzig der Teil welcher wieder aufgebaut wurde lässt erahnen wie es hier mal aussah. Die damalige Stadt hatte ca. 8000 Einwohner und konnte sich bis zu deren Aushungerung den Inkas wiedersetzen.

Aufgrund der noch verbleibenden Tage entschieden wir uns spontan noch bis Salta hochzufahren. Auch hier waren viele Bäche über die Ufer getreten, so dass es einige knifflige Stellen zu meistern gab. Bei der einen Querung fragte Katja einen Einheimischen ob der Fluss passierbar sei. Da sie seiner Aussage nicht recht glaubte, bat sie ihn vorzufahren. Tatsächlich rutschte unser Auto von der Strömung ein wenig ab, aber es ging alles gut.


In Salta stellten wir uns am Stadtrand auf einen Camping sodass wir mit dem Stadtbus ins Zentrum konnten. Nach einem kurzen Überblick mit der Seilbahn, gings zu Fuss durch die Innenstadt weiter. Von Eins bis Fünf ist hier Siesta und alles dicht. Da auch noch Montag war, waren auch die Museen geschlossen. So wurde halt die Zeit mit Coiffeur und Einkaufen vertrödelt. Da wir umbedingt ins Museum de alta Montana wollten, kamen wir am nächstenTag nochmals ins Zentrum. In diesem Museum geht es um einen Gipfelmumienfund aus der Inkazeit. Diese drei Kindermumien wurden auf 6700m entdeckt und sind heute inkl. den Grabbeigaben im Museum bei -20 Grad ausgestellt. Extrem beeindruckend wie gut erhalten die Grabbeigaben sind, wie eben erst hergestellt kann man nicht glauben dass diese schon über 500 jährig sind. Die Mumie gleicht einer Wachsfigur und man wartet nur darauf bis das Kind die Augen öffnet oder die Finger bewegt. Jedes Haar sitzt genau da im Zopf wo es hingehört, die haut so echt als ob noch Blut durchfliesst. Absolute Gänsehaut!

Bild aus dem Internet


Von Salta aus gings dann durch die mittlerweile wieder trockenen Flüsse zurück. Der Weg führte uns durch die Schlucht von Cafayate welche mit ihren roten Sandsteinformationen immer wieder hervorragende Fotospots bot.

Da wir versuchten unsere Fahrtage mit Attraktionen entlang der Strasse etwas intressanter zu gestalten, hielten wir an einer alten Seilbahn an welche für den Bergbau erstellt wurde - ein echtes Juwel! Es handelt sich um eine Transportbahn welche 1904 von deutschen Ingenieuren erstellt wurde. Die Bahn hat eine Länge von 35km und auf 6 der 9 Hauptstationen wurde das ganze von Dampfmaschinen betrieben. Die Miene in welcher Gold, Silber und Kupfer abgebaut wurde, wurde 1927 geschlossen. Die ganze Bahn steht jedoch noch heute und funktioniere sogar noch. Ein Herr welcher uns die Anlage zeigte schwärmte von der deutschen Technik und Qualität. Vor drei Jahren sei die Anlage ohne grossen Aufwand wieder funktionsfähig gemacht worden nach über 90järigem Stillstand! Die deutsche Firma hätte damals eine 100jährige Garantie abgegeben, welche 2004 erloschen sei. Dies ist noch Technik wie man sie heute wohl kaum mehr findet - ein echtes Schmuckstück.


Am nächsten Tag waren wir schon wieder zurück im Ischugulasto, diesmal drückte die Sonne und es war brätend heiss. Die Touren werden im Konvoi durchgeführt wo man mit dem eigenen Auto dem Guide nachfährt. Die Landschaft war einmal mehr der Hammer. Leuchtende Farben, skuriele Formationen, steile Klippen und faszinierende Hügellandschaften. Wir durchfuhren das ganze Tal mit einigen Stops. In der Abendsonne kamen die Farben so richtig zum leuchten. Es hatte sich gelohnt hierher zurück zu kommen. Die Nacht verbrachten wie natürlich wieder hier mit all den gratis Annehmlichkeiten.


Je weiter südlich wir kamen wurde das Wetter wieder besser und somit auch heisser. Der patagonische Wind ist schon weit weg, hier halten uns die Fliegen, Bremsen und Moskitos auf trab. Da sich noch eine alte Mühle am Wegesrand befand, beschlossen wir auch diese zu besuchen. Wäre da kein neuer Parkplatz an der Strasse gewesen hätten wir die Mühle gar nicht wahrgenommen. Ein unscheinbares Haus hinter einem verschlossenen Tor. Wir haben das Tor geöffnet und sind mit einem lauten "Hola" in den Hof getreten. Es zeigte sich eine Frau die auf meine Frage meinte "ja es sei offen". In einem Raum zeigte sich ein Holzmonster. Es dauerte eine Weile bis wir verstanden wie die Mühle funktionierte. Es war alles genaustens geplant und so konnte eine Person die ganze Mühle überwachen. Einmal das Korn am Boden in den Trichter geleert, wurde dies über diverse Förderbänder transportiert. Vom Hülsentrenner zur Mühle, von da zum Sieb und sortiert nach Feinheit in Säcke abgefüllt. Auch diese komplett aus Holz gebaute Anlage sah noch sehr gut aus für ihre 250 Lenze.

Wir hatten uns nochmals zu einem Besuch von einem Sternobservatorium entschieden. Auf dem Weg dahin querten wir eine Stadt welche in der vorangegangenen Nacht komplett überflutet wurde. Vor und nach der Stadt stand alles einige Zentimeter unter einem Schlammfilm. Obwohl es sich wahrscheinlich nur um ein lokales Gewitter handelte, war auch die Sternwarte geschlossen. Die Zugangsstrasse sei verschüttet und es dauere Tage zumal am Abend nochmal ein Gewitter erwartet werde. Ziemlich enttäuscht fuhren wir wieder zur Hauptstrasse zurück. Auf dem Weg zum Grenzabzweiger Richtung Chile wurde uns dann klar wie rasch das gehen kann. Wir mussten noch ca. 30km Schotterstrasse fahren als wir in ein Gewitter kamen. Innert weniger hundert Meter füllte sich die ganze Fahrbahn mit Dreckwasser. Überall aus den Feldern fliesst Wasser auf die etwas abgesenkte Schotterstrasse, Schlaglöcher und scharfe Steine verschwinden im knöcheltiefen Wasser. Endlich schaffte der Scheibenwischer das Wasser wieder wegzuputzen. Es wird heller der Regen weniger und die Strasse ist wieder trocken. Für die Einheimischen warscheinlich normal für uns besorgniserregend und angsteinflössend solche Szenen.
Im Ort angekommen wurde kurze Zeit später die Grenzstrasse vorsorglich gesperrt wegen den Gewittern. Am Morgen war sie wegen Erdrutsch und Steinschlag unterbrochen und unpassierbar. Rund um unser Camping füllte sich der Stauparkplatz und es entstand eine Art Openairstimmung. Alle machten es sich im Schatten bequem und breiteten ihre Picknick Utensilien aus. Da wir unseren Camper jedoch auf der anderen Passeite abgeben mussten und auch einen Weiterflug hatten, konnten wir dies nicht so gelassen nehmen. Wir rechneten damit dass es wie immer länger dauert als uns erklärt wird. Zumal jeder Polizist etwas anderes sagte was unser Vertrauen auch nicht steigerte.
Wir entschieden uns zum nächst südlichen Pass zu fahren was jedoch nochmals 800km zusätzlich bedeutete. Es gab nochmals lange Fahrtage, wobei der südliche Pass selbst für so manchen Kilometer entschädigte.


Die Grenzkontrolle der Chilenen dauerte ewig. Erst anstehen für Einreisestempel, dann fürs Truckli, noch ein unnötiges Zollformular und am Schluss die Fahrzeugkontrolle. Alles mehr als 2h, ich glaube die Zöllner hatten eine Kompetition wer die länger Schlange bei sich hatte. Sowas von Ineffizient das man sich sogar nach 9 Monaten noch aufregen muss!!

So standen wir mit unserem Truckli schon vor den Toren Santiagos was gleichbedeutend war mit Abschied nehmen. Auch wenn es nur ein Auto war so ist es doch auch ein Teil von uns und unseren Erinnerungen geworden. Wir haben 14'200km gemeinsam genossen, gelitten, gefroren, geschwitzt und es hat uns nie im Stich gelassen. Kein Plattfuss, kein Schaden, kein jammern bei noch so hässlichem Schotter. Jaja da kommt schon etwas Wehmut auf!
Im Hostel versuchten wir in unseren Rucksäcken wieder irgendwie alles unterzu kriegen für die Weiterreise nach Brasilien. Jetzt sitzen wir im Flieger kurz vor Salvador de Bahia und sind gespannt was uns die Stadt mit ihrem Karneval so bringt.

Liebe Grüsse aus der Luft mit fassnächtlicher Vorfreude
Katja und Silvan

Bilder

Freitag, 19. Januar 2018

Sommer in Patagonien

Wir sind jetzt 6 Wochen schon mit unserem kleinen Camper unterwegs und haben in dieser Zeit etwas mehr als 8500 km zurückgelegt. Inzwischen hat alles seinen Platz und wir fühlen uns ganz wohl im Truckli. Es vergeht auch kein Tag, wo uns nicht mindestens ein Wickedcamper entgegen kommt oder in gleicher Richtung unterwegs ist. Mit manchen tauschen wir Erfahrungen aus, anderen winkt man nur zu. Aber die Bemalung unseres Campers finden wir im Vergleich zu anderen viel fröhlicher und heiterer.
Wenn wir an Passanten vorbei fahren, lächeln sie uns zu, Kinder zeigen lachend auf unseren Camper, andere machen lustige Selfies mit dem Camper und manche Autofahrer überholen uns und heben einen aufrechten Daumen aus dem Fenster. So macht er oft gute Laune wo wir vorbei kommen. ;-)



Auf der rechten Seite haben wir die chinesische Katze, die Glück verspricht und auf der linken Seite ist eine indigene, mythologische Gestalt namens Equeco aufgemalt, die ebenfalls für Glück steht. Hinten ist ein Spruch aufgeschrieben, der übersetzt heisst: "Einige Leute sind so arm, dass sie nur Geld haben." Manchmal fahren uns schnellere Autos so lange nach, dass wir überlegen, ob sie wohl über den Spruch nachdenken...



Neujahr haben wir in Elcalafate verbracht, weil ich dachte, dass da mehr los ist. Es ist ja einer der touristischsten Orte in Patagonien. Es war aber kaum eine Bar zu finden. Die Restaurants waren voll und die Bars geschlossen. Eine Bar fanden wir, wo die Bedienung meinte, dass sie 24 Uhr schliessen. Wir gingen trotzdem mal rein und liefen einem jungen Texaner in die Arme, der meinte, er kenne uns doch.
Tatsächlich waren wir im gleichen Hostel im Juli auf Galapagos und teilten uns dort die Küche. Was für ein Zufall. Er war mit einem Freund und einem australischen Pärchen dort. So hatten wir grad nette Gesellschaft für den Abend.

Kurz vor Mitternacht wurde dann doch für alle auf Kosten des Hauses Sekt ausgeschenkt. 10 Sekunden Countdown, das Personal stiess mit uns an und 5 Minuten später ging der Betrieb weiter wie vorher. Das war etwas ernüchternd. Auf den Strassen blieb es ruhig und Feuerwerk kennt man hier nicht. Dennoch, wir hatten einen schönen Abend und kamen doch erst gegen 3 Uhr auf den Campingplatz zurück. Wir schliefen aus und wurden 11 Uhr freudig von unseren Platznachbarn begrüsst. Ein sehr nettes belgisches Rentnerpärchen, was ihren Camper nach Südamerika verschiffen liess und hier nun unterwegs ist. Nach einem netten Plausch machten wir uns auf den Weg nach Torres del Paine, ein chilenischer Nationalpark.

Wir waren lang unschlüssig, ob wir da wirklich hin sollen, weil es so überlaufen ist von Touristen und schöne Wandermöglichkeiten gibt es ja auch andernorts, aber irgendwie wollten wir uns den Park dann doch nicht entgehen lassen. Am ersten Tag machten wir einen Ausflug zu einem Aussichtspunkt auf 2 ganz markante Berge (Cuernos Lookout) und einen zur blauen Lagune, von wo aus man die Torres del Paine sah. Wir hatten wunderschönes Wetter und jeder Ausflug war mit einer kleinen Wanderung verbunden. Auch Guanacos sahen wir hier wieder sehr viele.




Am zweiten Tag machten wir die bekannteste Wanderung, die wohl jeder macht, der in den Nationalpark kommt - die Wanderung zur Lagune, von wo aus man die Torres del Paine komplett sieht. 8 Stunden für ca. 18 km ist im Plan des Parks angegeben. In der letzten Stunde vor der Lagune geht es 400m steil bergauf. Da sind schon manche am Keuchen und vor allem runterwärts geht es langsam im Gänsemarsch. Wie eine Ameisenstrasse zieht sich die Karawane der Wanderer entlang des Weges. Das ist schon etwas mühsam, aber die Wanderung an sich war ganz schön und die Torres del Paine sehr beeindruckend.


Wir waren zügig unterwegs und brauchten nur 6,5 Stunden für die Wanderung. So entschieden wir nach einem gemütlichen Kaffee und einem Eis, dass wir noch bis zur Grenze nach Argentinien zurück fahren könnten.

Unser nächstes Ausflugsziel war war das Gebiet um den Berg "Fitz Roy". Wir unternahmen auch hier eine wunderschöne Wanderung bei schönstem sonnigen Wetter. Silvan war so fasziniert von dem Anblick des Berges, dass er verschiedenste Blickwinkel ausprobierte, um ihn aus dem besten Blickwinkel zu fotografieren. Dafür sprang er über einen Fluss auf eine kleine Insel, trotz warnender Worte... Um zurück zu springen, bat er dann doch um meine Hilfe.
Wie wir es in der Antarktis gelernt hatten, machten wir einen festen "Seemannsgriff". Das half leider nix. Er landete mit einem Fuss am Ufer und mit dem anderen im Fluss während ich das Gleichgewicht verlor und hinein fiel. Flotsch nass bis unter den BH kam ich wieder raus - noch gar nicht glauben könnend, was da grad ablief. Gut hatte ich vorher noch die Kamera weg gelegt. Zum Glück war es sonnig und ich hatte noch Regenjacke und -hose dabei. So hatte ich noch etwas trocknes zum Anziehen. Silvan verteilte alle meine Sachen auf den Sträuchern zum Trocknen.




Fast 2 Stunden machten wir dort Pause bis alles wieder trocken war. Nur die Schuhe waren noch nass, aber das war ok. Wir setzten die Wanderung dann trotzdem noch wie geplant fort und nahmen auf dem Rückweg eine andere Route, so dass wir nicht den gleichen Weg zurück laufen mussten.
Ca. 26 km hatten wir am Abend hinter uns. Die Natur dort war wunderschön, für uns viel beeindruckender als der Torres del Paine. Für uns ist es daher unverständlich, warum der Tores del Paine so überrant wird von Touristen, während am Fitz Roy viel weniger los ist. Zudem kostet das Wandergebiet dort keinen Eintritt.

Nach der langen Wanderung gönnten wir uns mal wieder ein Nachtessen im Restaurant. Lecker, lecker! Danach fanden wir einen schönen Stellplatz am Eingang der Stadt mit Blick auf den Fitz Roy. Als wir parkten, blickten unsere müden Augen auf ein zürcher Nummernschlid eines Mercedes Sprinter, der uns gegenüber stand. Eine Bekannte von Silvan, die seit 3 Jahren mit ihrem Mann auf der Panamerikana unterwegs ist. Was für ein Zufall! Besser hätte man sich nicht verabreden können. Am nächsten Morgen trafen wir Marita und ihren Mann Jan. Wir redeten viel und entschlossen uns spontan, noch einen Tag länger dort zu bleiben.

Wir packten Tisch und Stühle aus und setzten uns zusammen bei schönstem Sonnenschein. Zu uns gesellten sich noch Martin und Veronica, ein junges Paar aus St. Gallen, die mit ihrem eigenen Camper unterwegs sind und auch dort rasteten sowie Kurt und Jolanda, ein Rentnerpaar aus dem Argau, die mit dem eigenen Camper reisen. Hin und wieder schaute noch ein Gürteltier vorbei, was immer die gleiche Runde zu drehen schien und das Gebiet unter unserem Tisch nach etwas fressbarem absuchte. Ein unerwartet schöner Tag, an dem wir nichts taten, ausser uns nett zu unterhalten.



Am nächsten Tag, ein Sonntag, wollten wir unseren Lebensmittelvorrat auffüllen. Eigentlich nichts besonderes. Sonntags sind die Supermärkte hier ja meist geöffnet. In kleineren Ortschaften aber nicht, d.h. erst ab 18 Uhr. Wir konnten das gar nicht glauben als wir die Auskunft bekamen, doch es stimmte ...

Inzwischen sind wir wieder auf dem Weg nach Norden und halten hier und da an Spots, die im Reiseführer empfohlen wurden, mal auf chilenischer, dann wieder auf argentinischer Seite. Wir überquerten die Grenze nochmals von Argentinien nach Chile. Diesmal beim Paso Roballos - ein Grenzübetritt mitten in den Bergen und so klein, dass man ihn für ein kleines Gut halten könnte. Die Hühner rannten frei herum und Pferde weideten neben dem Häuschen.


Computer gibt es nicht, so trug der Grenzwärter alles fein säuberlich in Schönschrift in ein grosses Buch ein. So akzeptierte er es auch nicht, als Silvan auf dem auszufüllenden Formular einen Schreibfehler strich. Er gab ihm ein neues Formular, was nochmals sauber und fehlerfrei ausgefüllt werden musste.

Auch Asphalt lässt sich kilometerweit nicht blicken. Mit unserem Auto eine echte Herausforderung. Bei sehr guten Schotterstrassen können wir mit etwas Glück knapp 60 km/h fahren, in der Regel aber eher zwischen 30 und 50.
In Chile fuhren wir die Carretera Austral noch einige Kilometer südwärts, um bei Cochrane eine Wanderung im Nationalpark Tamango zu machen. Auch hier wurde es nochmal eine lange Wanderung von 8 Stunden. Wir hofften, Huemuls zu sehen, eine kleine Hirschart. Gesehen haben wir keinen, dafür aber war die Landschaft sehr schön.


Der Fluss, Rio Cochrane, an dem wir eine zeitlang wanderten, ist so klar, dass man selbst bei 2m tiefem Wasser noch die Steine am Boden sehen kann. Die Flüsse hier sind generell sehr sauber, aber sooo klar, das ist schon faszinierend.

Die Carretera Austral wieder nordwärts hielten wir an den Marmorhöhlen im "Lago Buenos Aires". Wir hatten, wie so oft, perfektes Wetter und so zeigten sich die Höhlen in einem schönen Licht.


Die Marmorhöhlen waren für uns der letzte Spot, den wir in Chile noch besuchen wollten. So fuhren wir die Carretera Austral bis nach Santa Lucia, wo sich 3 Wochen vor Neujahr der Erdrutsch ereignete, wegen dem wir unsere Reisepläne geändert hatten. Von Norden her ist die Carretera Austral immernoch gesperrt, vom Süden her wurde ein Beipass eingerichtet, um an die argentinische Grenze fahren zu können. Wir hatten nicht gedacht, dass so viel vom Dorf von der Schlammlawine überrollt wurde. Das Bild war ziemlich erschreckend.


Das Dorf ist evakuiert und aktuell ist dort nur Militär unterwegs, welches die letzten 4 von 21 Personen sucht. Erst wenn alle Leichen geborgen wurden, fängt man mit schwerem Gerät an, die Strasse zu räumen. Die anfangs Geschätzte Sperrung von 3 Wochen liegt nun bei 5 Monaten.

Bevor wir die Grenze nach Argentinien wieder passierten, stoppten wir noch in Futaleufu, ein hübsches Örtchen, wo wir das sonnig warme Wetter für ein Bad im Fluss nutzten.

Unsere Grenzübertritte verliefen bis jetzt immer reibungslos. Ausser dass ich inzwischen immer schauen muss, wie und wo der Grenzbeamte den Stempel macht. Die meisten geben sich dann wirklich auch Mühe, den Stempel irgendwo einzupassen. Tatsächlich ist nur noch Platz für 5 Stempel. Das sollte gerade reichen bis zur Heimreise.

Was wir an jeder argentinischen Grenze und auch sonst sehr oft hier im patagonischen Argentinien sehen, sind Schilder auf denen steht "Malvinas Argentinas". Übersetzt heisst das, dass die Falklandinseln zu Argentinien gehören. Politisch stehen die Falklandinseln aber unter britischer Flagge. Wir haben noch nicht rausgefunden, ob das die Leute hier so beschäftigt und tatsächlich ein ernsthaft militärischer Akt geplant ist, die Falklandinseln, Argentinien anzugliedern oder nicht.


In Argentinien kamen wir nochmal nach Bariloche, wo inzwischen auch Sommer ist und viel viel mehr Leute auf den Strassen unterwegs waren als noch vor Weihnachten. Uns zog die feine Schokolade hierher. Daher stoppten wir nochmal hier.


Auch das Seengebiet, welches wir nochmal durchfuhren, zeigte sich ganz anders als im Dezember. Alle Blumen sind grösstenteils verblüht und die Farbenpracht vom Frühling war verschwunden. So erschien uns das Gebiet viel weniger reizvoll.

Im nördlichsten Teil von Patagonien rund um El Chocon gibt es einige Saurierfunde. So wurden hier der grösste pflanzenfressende Saurier "Argentinosaurus" und der grösste fleischfressende Saurier "Giganotosaurus" gefunden. Vom Fleischfresser konnten wir sogar noch erhaltene, versteinerte Fussspuren bewundern.


Das Skelett des Argentinosaurus ist in einem Museum ausgestellt, welches leider geschlossen war. Das Personal streikt. Jedoch konnten wir einen Blick durchs Fenster werfen und uns ein Bild von der Grösse machen. Der grösste Fleischfresser wirkt dagegen ziemlich klein.

Wir verabschieden uns langsam aus Patagonien und machen uns auf ins Weingebiet um Mendoza.

Bis bald und liebe Grüsse, Silvan und Katja

Fotos