Freitag, 19. Januar 2018

Sommer in Patagonien

Wir sind jetzt 6 Wochen schon mit unserem kleinen Camper unterwegs und haben in dieser Zeit etwas mehr als 8500 km zurückgelegt. Inzwischen hat alles seinen Platz und wir fühlen uns ganz wohl im Truckli. Es vergeht auch kein Tag, wo uns nicht mindestens ein Wickedcamper entgegen kommt oder in gleicher Richtung unterwegs ist. Mit manchen tauschen wir Erfahrungen aus, anderen winkt man nur zu. Aber die Bemalung unseres Campers finden wir im Vergleich zu anderen viel fröhlicher und heiterer.
Wenn wir an Passanten vorbei fahren, lächeln sie uns zu, Kinder zeigen lachend auf unseren Camper, andere machen lustige Selfies mit dem Camper und manche Autofahrer überholen uns und heben einen aufrechten Daumen aus dem Fenster. So macht er oft gute Laune wo wir vorbei kommen. ;-)



Auf der rechten Seite haben wir die chinesische Katze, die Glück verspricht und auf der linken Seite ist eine indigene, mythologische Gestalt namens Equeco aufgemalt, die ebenfalls für Glück steht. Hinten ist ein Spruch aufgeschrieben, der übersetzt heisst: "Einige Leute sind so arm, dass sie nur Geld haben." Manchmal fahren uns schnellere Autos so lange nach, dass wir überlegen, ob sie wohl über den Spruch nachdenken...



Neujahr haben wir in Elcalafate verbracht, weil ich dachte, dass da mehr los ist. Es ist ja einer der touristischsten Orte in Patagonien. Es war aber kaum eine Bar zu finden. Die Restaurants waren voll und die Bars geschlossen. Eine Bar fanden wir, wo die Bedienung meinte, dass sie 24 Uhr schliessen. Wir gingen trotzdem mal rein und liefen einem jungen Texaner in die Arme, der meinte, er kenne uns doch.
Tatsächlich waren wir im gleichen Hostel im Juli auf Galapagos und teilten uns dort die Küche. Was für ein Zufall. Er war mit einem Freund und einem australischen Pärchen dort. So hatten wir grad nette Gesellschaft für den Abend.

Kurz vor Mitternacht wurde dann doch für alle auf Kosten des Hauses Sekt ausgeschenkt. 10 Sekunden Countdown, das Personal stiess mit uns an und 5 Minuten später ging der Betrieb weiter wie vorher. Das war etwas ernüchternd. Auf den Strassen blieb es ruhig und Feuerwerk kennt man hier nicht. Dennoch, wir hatten einen schönen Abend und kamen doch erst gegen 3 Uhr auf den Campingplatz zurück. Wir schliefen aus und wurden 11 Uhr freudig von unseren Platznachbarn begrüsst. Ein sehr nettes belgisches Rentnerpärchen, was ihren Camper nach Südamerika verschiffen liess und hier nun unterwegs ist. Nach einem netten Plausch machten wir uns auf den Weg nach Torres del Paine, ein chilenischer Nationalpark.

Wir waren lang unschlüssig, ob wir da wirklich hin sollen, weil es so überlaufen ist von Touristen und schöne Wandermöglichkeiten gibt es ja auch andernorts, aber irgendwie wollten wir uns den Park dann doch nicht entgehen lassen. Am ersten Tag machten wir einen Ausflug zu einem Aussichtspunkt auf 2 ganz markante Berge (Cuernos Lookout) und einen zur blauen Lagune, von wo aus man die Torres del Paine sah. Wir hatten wunderschönes Wetter und jeder Ausflug war mit einer kleinen Wanderung verbunden. Auch Guanacos sahen wir hier wieder sehr viele.




Am zweiten Tag machten wir die bekannteste Wanderung, die wohl jeder macht, der in den Nationalpark kommt - die Wanderung zur Lagune, von wo aus man die Torres del Paine komplett sieht. 8 Stunden für ca. 18 km ist im Plan des Parks angegeben. In der letzten Stunde vor der Lagune geht es 400m steil bergauf. Da sind schon manche am Keuchen und vor allem runterwärts geht es langsam im Gänsemarsch. Wie eine Ameisenstrasse zieht sich die Karawane der Wanderer entlang des Weges. Das ist schon etwas mühsam, aber die Wanderung an sich war ganz schön und die Torres del Paine sehr beeindruckend.


Wir waren zügig unterwegs und brauchten nur 6,5 Stunden für die Wanderung. So entschieden wir nach einem gemütlichen Kaffee und einem Eis, dass wir noch bis zur Grenze nach Argentinien zurück fahren könnten.

Unser nächstes Ausflugsziel war war das Gebiet um den Berg "Fitz Roy". Wir unternahmen auch hier eine wunderschöne Wanderung bei schönstem sonnigen Wetter. Silvan war so fasziniert von dem Anblick des Berges, dass er verschiedenste Blickwinkel ausprobierte, um ihn aus dem besten Blickwinkel zu fotografieren. Dafür sprang er über einen Fluss auf eine kleine Insel, trotz warnender Worte... Um zurück zu springen, bat er dann doch um meine Hilfe.
Wie wir es in der Antarktis gelernt hatten, machten wir einen festen "Seemannsgriff". Das half leider nix. Er landete mit einem Fuss am Ufer und mit dem anderen im Fluss während ich das Gleichgewicht verlor und hinein fiel. Flotsch nass bis unter den BH kam ich wieder raus - noch gar nicht glauben könnend, was da grad ablief. Gut hatte ich vorher noch die Kamera weg gelegt. Zum Glück war es sonnig und ich hatte noch Regenjacke und -hose dabei. So hatte ich noch etwas trocknes zum Anziehen. Silvan verteilte alle meine Sachen auf den Sträuchern zum Trocknen.




Fast 2 Stunden machten wir dort Pause bis alles wieder trocken war. Nur die Schuhe waren noch nass, aber das war ok. Wir setzten die Wanderung dann trotzdem noch wie geplant fort und nahmen auf dem Rückweg eine andere Route, so dass wir nicht den gleichen Weg zurück laufen mussten.
Ca. 26 km hatten wir am Abend hinter uns. Die Natur dort war wunderschön, für uns viel beeindruckender als der Torres del Paine. Für uns ist es daher unverständlich, warum der Tores del Paine so überrant wird von Touristen, während am Fitz Roy viel weniger los ist. Zudem kostet das Wandergebiet dort keinen Eintritt.

Nach der langen Wanderung gönnten wir uns mal wieder ein Nachtessen im Restaurant. Lecker, lecker! Danach fanden wir einen schönen Stellplatz am Eingang der Stadt mit Blick auf den Fitz Roy. Als wir parkten, blickten unsere müden Augen auf ein zürcher Nummernschlid eines Mercedes Sprinter, der uns gegenüber stand. Eine Bekannte von Silvan, die seit 3 Jahren mit ihrem Mann auf der Panamerikana unterwegs ist. Was für ein Zufall! Besser hätte man sich nicht verabreden können. Am nächsten Morgen trafen wir Marita und ihren Mann Jan. Wir redeten viel und entschlossen uns spontan, noch einen Tag länger dort zu bleiben.

Wir packten Tisch und Stühle aus und setzten uns zusammen bei schönstem Sonnenschein. Zu uns gesellten sich noch Martin und Veronica, ein junges Paar aus St. Gallen, die mit ihrem eigenen Camper unterwegs sind und auch dort rasteten sowie Kurt und Jolanda, ein Rentnerpaar aus dem Argau, die mit dem eigenen Camper reisen. Hin und wieder schaute noch ein Gürteltier vorbei, was immer die gleiche Runde zu drehen schien und das Gebiet unter unserem Tisch nach etwas fressbarem absuchte. Ein unerwartet schöner Tag, an dem wir nichts taten, ausser uns nett zu unterhalten.



Am nächsten Tag, ein Sonntag, wollten wir unseren Lebensmittelvorrat auffüllen. Eigentlich nichts besonderes. Sonntags sind die Supermärkte hier ja meist geöffnet. In kleineren Ortschaften aber nicht, d.h. erst ab 18 Uhr. Wir konnten das gar nicht glauben als wir die Auskunft bekamen, doch es stimmte ...

Inzwischen sind wir wieder auf dem Weg nach Norden und halten hier und da an Spots, die im Reiseführer empfohlen wurden, mal auf chilenischer, dann wieder auf argentinischer Seite. Wir überquerten die Grenze nochmals von Argentinien nach Chile. Diesmal beim Paso Roballos - ein Grenzübetritt mitten in den Bergen und so klein, dass man ihn für ein kleines Gut halten könnte. Die Hühner rannten frei herum und Pferde weideten neben dem Häuschen.


Computer gibt es nicht, so trug der Grenzwärter alles fein säuberlich in Schönschrift in ein grosses Buch ein. So akzeptierte er es auch nicht, als Silvan auf dem auszufüllenden Formular einen Schreibfehler strich. Er gab ihm ein neues Formular, was nochmals sauber und fehlerfrei ausgefüllt werden musste.

Auch Asphalt lässt sich kilometerweit nicht blicken. Mit unserem Auto eine echte Herausforderung. Bei sehr guten Schotterstrassen können wir mit etwas Glück knapp 60 km/h fahren, in der Regel aber eher zwischen 30 und 50.
In Chile fuhren wir die Carretera Austral noch einige Kilometer südwärts, um bei Cochrane eine Wanderung im Nationalpark Tamango zu machen. Auch hier wurde es nochmal eine lange Wanderung von 8 Stunden. Wir hofften, Huemuls zu sehen, eine kleine Hirschart. Gesehen haben wir keinen, dafür aber war die Landschaft sehr schön.


Der Fluss, Rio Cochrane, an dem wir eine zeitlang wanderten, ist so klar, dass man selbst bei 2m tiefem Wasser noch die Steine am Boden sehen kann. Die Flüsse hier sind generell sehr sauber, aber sooo klar, das ist schon faszinierend.

Die Carretera Austral wieder nordwärts hielten wir an den Marmorhöhlen im "Lago Buenos Aires". Wir hatten, wie so oft, perfektes Wetter und so zeigten sich die Höhlen in einem schönen Licht.


Die Marmorhöhlen waren für uns der letzte Spot, den wir in Chile noch besuchen wollten. So fuhren wir die Carretera Austral bis nach Santa Lucia, wo sich 3 Wochen vor Neujahr der Erdrutsch ereignete, wegen dem wir unsere Reisepläne geändert hatten. Von Norden her ist die Carretera Austral immernoch gesperrt, vom Süden her wurde ein Beipass eingerichtet, um an die argentinische Grenze fahren zu können. Wir hatten nicht gedacht, dass so viel vom Dorf von der Schlammlawine überrollt wurde. Das Bild war ziemlich erschreckend.


Das Dorf ist evakuiert und aktuell ist dort nur Militär unterwegs, welches die letzten 4 von 21 Personen sucht. Erst wenn alle Leichen geborgen wurden, fängt man mit schwerem Gerät an, die Strasse zu räumen. Die anfangs Geschätzte Sperrung von 3 Wochen liegt nun bei 5 Monaten.

Bevor wir die Grenze nach Argentinien wieder passierten, stoppten wir noch in Futaleufu, ein hübsches Örtchen, wo wir das sonnig warme Wetter für ein Bad im Fluss nutzten.

Unsere Grenzübertritte verliefen bis jetzt immer reibungslos. Ausser dass ich inzwischen immer schauen muss, wie und wo der Grenzbeamte den Stempel macht. Die meisten geben sich dann wirklich auch Mühe, den Stempel irgendwo einzupassen. Tatsächlich ist nur noch Platz für 5 Stempel. Das sollte gerade reichen bis zur Heimreise.

Was wir an jeder argentinischen Grenze und auch sonst sehr oft hier im patagonischen Argentinien sehen, sind Schilder auf denen steht "Malvinas Argentinas". Übersetzt heisst das, dass die Falklandinseln zu Argentinien gehören. Politisch stehen die Falklandinseln aber unter britischer Flagge. Wir haben noch nicht rausgefunden, ob das die Leute hier so beschäftigt und tatsächlich ein ernsthaft militärischer Akt geplant ist, die Falklandinseln, Argentinien anzugliedern oder nicht.


In Argentinien kamen wir nochmal nach Bariloche, wo inzwischen auch Sommer ist und viel viel mehr Leute auf den Strassen unterwegs waren als noch vor Weihnachten. Uns zog die feine Schokolade hierher. Daher stoppten wir nochmal hier.


Auch das Seengebiet, welches wir nochmal durchfuhren, zeigte sich ganz anders als im Dezember. Alle Blumen sind grösstenteils verblüht und die Farbenpracht vom Frühling war verschwunden. So erschien uns das Gebiet viel weniger reizvoll.

Im nördlichsten Teil von Patagonien rund um El Chocon gibt es einige Saurierfunde. So wurden hier der grösste pflanzenfressende Saurier "Argentinosaurus" und der grösste fleischfressende Saurier "Giganotosaurus" gefunden. Vom Fleischfresser konnten wir sogar noch erhaltene, versteinerte Fussspuren bewundern.


Das Skelett des Argentinosaurus ist in einem Museum ausgestellt, welches leider geschlossen war. Das Personal streikt. Jedoch konnten wir einen Blick durchs Fenster werfen und uns ein Bild von der Grösse machen. Der grösste Fleischfresser wirkt dagegen ziemlich klein.

Wir verabschieden uns langsam aus Patagonien und machen uns auf ins Weingebiet um Mendoza.

Bis bald und liebe Grüsse, Silvan und Katja

Fotos