Sonntag, 31. Dezember 2017

Vom Winde verweht

Das Reisen mit unserem "Truckli" gestaltet sich komplett anders als unsere vorherige Reise. So suchen wir nicht mehr nach Hostels sondern nach Tankstellen und Pneudruckmesser. Auch spielt es keine Rolle mehr wo der Supermakt liegt, sondern eher was er im Angebot hat. Wir gewöhnten uns an zu kochen, da wir ja nun die Sachen immer mitnehmen können ohne diese tragen zu müssen. So zaubert mir Katja jeden Abend ein feines Menue auf den Campingtisch, ich helfe natürlich mit unter detaillierter Anleitung :-).
Was sich auch als sehr angenehm zeigt, ist die Tatsache, dass wir überall anhalten können wo wir gerade wollen wenn was interessantes am Wege liegt.

Von den heissen Quellen zog es uns Richtung Süden. In Frutillar (etwa Erdbeerhausen auf Deutsch) liessen wir uns gemütlich am See nieder. Bereits in Schlafwäsche halfen wir einem Einheimischen sein Auto zu überbrücken, was jedoch scheiterte. Dass er seine alte Karre überhaupt hier an den Strand brachte, war ein Wunder. Beim Blick in die Kühlerhaube sah ich zuerst mal nur den Boden..... irgendwie fehlte da so ziemlich alles was man in einer Kühlerhaube erwartet.

Frutillar wurde wie soviele Orte hier um den See von deutschen Einwanderern gegründet im 19jhd. Die Gegend war damals so wild, dass die chilenische Regierung die Auswanderer hierher lockte. Die Geschichte von einigen Auswanderern, welche im Museum wiedergegeben wird, ist beeindruckend. Die Lage in deren Heimat muss so schrecklich gewesen sein, dass diese sich auf solch ein Abenteuer eingelassen hatten. Oder sie wussten schlicht nicht worauf sie sich einliessen. Die Gegend war ein einziger Urwald, so kam es vor, dass die Bauern auf dem Weg zu ihren Feldern "verloren" gingen und nie mehr auftauchten. Heute zeigt sich die Gegend als schöne Landwirtschaftszone mit saftigen Wiesen gut benutzt von riesiegen Herden von Kühen, Schafen und Pferden. Wie an sovielen Orten wurden hier an der Strasse auch immer wieder die süssen Früchte direkt ab Hof verkauft. Pfirsiche, Kirschen, Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren..... sooooo süss wie die aus Mamas Garten!

Das Wetter zeigte sich hier wie bei uns teilweise im April, windig mit abwechselnd Regen und Sonne, sodass es schwierig wurde irgendwelche Ausflüge zu planen.
So fuhren wir auf Chiloe, einer riesigen Insel auf welcher die Uhren noch langsamer ticken, sofern sie denn überhaupt welche haben.
Da in Ancud entgegen unserem Reisebuch noch keine Blauwal Saison war, hielt uns hier nicht viel. Im örtlichen Kirchenmuseum schauten wir uns noch die spezielle Baukunst an, die hier praktiziert wurde. So stehen heute 16 der komplett hölzernen Kirchen unter Weltkulturerbe.
In Dalcahue, einem kleinen Hafendörfchen liessen wir uns nieder. An der Hauptplaza ein suuuper feines Cafe mit leckerem Kuchen.
Hier gab es keine Früchte mehr, jedoch meeega feinen Kuchen in jedem Kaffee. Aber zum Glück gibt es ja bei den Flugpassagieren kein Übergewicht - im Gegesatz zum Gepäck!
Auf einer kleinen Anhöhe mitten im Dorf genossen wir den Sonnenuntergang auf dem Campingplatz. Inmitten der spielenden Kindern wurde das Abendessen bei den letzten Sonnenstrahlen zubereitet. Da macht auch das Zwiebelschneiden spass mit Blick auf die vorgelagerten Inseln im goldigen Abendlicht.
Am nächsten Tag ging es per Fähre auf die kleine Insel Quintao, wo wir uns an einem lauschigen Strand eine Bleibe suchten. Am Abend kamen noch die Einheimischen vorbei, wobei am Ende jeder den anderen aus dem Sand ziehen musste. Für mich unerklärlich wie man einfach in den Sand fahren kann ohne zu wissen ob man absäuft. Tja wenn die mal schaufeln müssten dann würden sie das nächste Mal eher aufpassen, aber es werden wenn halt nötig einfach zwei Autos vorgespannt um den einen aus dem Schlammassel zu ziehen.


Hier auf Chiloe hat es viel weniger Zäune und man findet echt schöne Orte wo man ganz alleine verweilen kann.
Am nächsten Tag gings wieder zurück und da dies halt am feinen Kaffee vorbei führte.....
Wir erhielten eine Mail vom Autovermieter, wonach auf der Carretera Austral ein Erdrutsch stattgefunden hat und die Strasse voraussichtlich 3 Wochen geschlossen bleibt. Eigentlich etwas wo man immer mal damit rechnen muss, nur in diesem Falle war die Sperrung an so einem doofen Ort dass wir sämtliche Pläne über den Haufen werfen konnten. Die bereits gebuchte Fähre konnten wir stornieren, da wir ansonsten steckengeblieben wären. So nahmen wir eine Umfahrung von etwa 1500km! was eigentlich die einzige Alternative darstellt. Ich war etwas genervt, da ich mich so gefreut habe einen guten Plan ausgeheckt zu haben... zwei mal leer schlucken und noch einen Biss Kuchen..... :-)

So ging es an den nächsten zwei Tagen alles wieder Richtung Norden. Das Wetter zeigte sich diesmal von der sonnigen Seite und so sahen wir die zuvor verdeckten Vulkane in einer malerischen Landschaft eingebettet.


Etwas nördlich von Bariloche überquerten wir dann die Grenze zu Argentinien. Dies wird als Seengebiet von Argentinien bezeichnet und so taten uns immer wieder wunderschöne Ausblicke auf die azurblauen Seen auf. Auf dem ersten Campingplatz an einem See bekamen wir dann mal die erste Kostprobe vom patagonischen Wind. So mussten wir im geschlossenen Truckli kochen. Am Morgen wurden wir von unseren lieben Camp-Nachbarn herzlich verabschiedet - hier küssen sich die Männer auch auf die Wangen, etwas gewöhnungsbedürftig für mich.

Bariloche ist bekannt für seine Schockolade - die musste natürlich getestet werden. Hier wird auch die "Berna" ein Bernhardinerhund mit Schnappsfass, als typisch argentinisch verkauft - das kann ich, als Schweizer, so natürlich nicht unterschreiben!

Von nun an gings Tag für Tag weiter Richtung Süden, es wurde kälter und vorallem windiger, so dass die Geschwindigkeit teilweise reduziert werden musste, zumal die Strassen in erstaunlich guten Zustand sind.
In Esquel fanden wir wieder mal eine echte Perle zum Übernachten. Eine kleine Lagune mit vielen Wasservögeln, wilden Pferden und Seeottern.


Auch dem angrenzenden Nationalpark Los Alerces wollten wir einen Besuch abstatten. Die Alerce gilt ählich dem Mammutbaum als eine der ältestesten Bäume der Welt. Leider sind die wirklich alten Bäume nur per teurer Bootsfahrt erreichbar. Wir schauten uns dann ein junges 300jähriges Exemplar an.

Nach einem weiteren Fahrtag kamen wir an Heiligabend in Gobernador Costa an, einem Ort mitten im Nirgendwo an der Ruta 40, wo man sich fragt wieso es hier ein Dorf gibt. Wir hatten eine festliche Pizza mit zwei Bier - uns war überhaupt nicht nach Weihnachten....

Auf der Weiterfahrt mussten wir uns alle 45 Minuten abwechseln beim Fahren, da dies auf der schnuurgeraden Strasse extrem einschläfernd wirkt. Ich begann die Minuten zu zählen wie lange es dauert wenn man ein Fahrzeug am Horizont erblickte bis man dieses kreuzte.... einige dauerten bis zu drei Minuten. Anfühlen tut sich dies jedoch wie eine kleine Ewigkeit.


Als Abwechslung hatten wir noch einen Sandsturm der uns über einige Kilometer begleitete. Der Sand prasselte nur so auf unser kleines Truckli und wir waren froh nicht mit dem Motorrad unterwegs zu sein.

Im nächsten Ort war dann die Turisteninfo geschlossen, es verwunderte mich dass es in diesem verlassenen Ort überhaupt eine hatte. Aber es war ja Weihnachtstag. Wir machten uns direkt Richtung Bosque Petrificado (versteinerter Wald) auf um in der nähe zu übernachten. Zu unserer Verwunderung hatte der Park geöffnet und der Eintritt war immer noch kostenlos - tatsächlich das gibt es noch!
Wir liefen einen Rundweg von ca. 2km ab wo auf Tafeln die Informationen sogar auf Englisch übersetzt wurden (jedoch nur etwa die Hälfte....)
Dies ist ein versteinerter Wald wo über 65Mio alte Baumstämme liegen. Vielleicht waren das ja Weihnachtsbäume?? Es ist beeindruckend wie aus einem Baum ein Stein werden kann - irgendwie versteh ich das jetzt noch nicht. Auf jedenfall sind die Steine absolut schön mit ihrem Holzmuster - 100% Natur!

Mittlerweile gibt es viel weniger Zäune die uns das finden vom Nachtlager erschweren. Hier in Patagonien gilt es einen windgeschützten Platz zu finden, was sich teilweise beim wechselnden Wind als echte Herausforderung entwickelt. So wählten wir eine etwas versenkte Kiesgrube. Als Resultat hatten wir das Auto voll mit feinem Sand welcher uns der noch schwache Wind ins Auto bliess. In der Nacht regnete es, durch das Trommeln auf unser Autodach wird man schnell mal wach. Ich hatte angst, dass sich irgendwelche Wasserpfützten bildeten und wir am Morgen nicht mehr aus der Kiesgrube rauskommen. Zum Glück lief das Wasser im Kies ab und es hörte auch schon bald auf zu regnen. Am nächsten Tag wurden wir auf den ersten 70km mal richtig wach gerüttelt von einer nicht endenwollenden Schotterpiste, sodass man schon fast Mitleid hat mit unserem alles andere als geländegängigen Truckli!

In Perito Moreno füllten wir erst mal unsere Vorräte bevor wir uns an der Tankstelle noch eine Dusche gönnten - ja mittlerweile haben wir richtig gefallen gefunden vom wild campieren. An unserem nächtlichen Rastplatz besuchte uns ein Stinktier, dies hatte seine Höle unter dem danebenliegenden Haus der Strassenbauer.
Am Morgen gings direkt zur Cueva de los Manos (Höhle der Hände). Schön malerisch gelegen an den steilen Klippen, neben einem grünen Tal. Es sind diverse Hände, vorallem linke, abgebildet, hinzu kommen noch Jagdszenen mit Guanacos (eine art wilde Lamas). Die Felsmalereien wurden von einer heute nicht mehr existierenden Kultur erstellt, welche hier vor ca. 9000 Jahren lebten. Von den Cuevas de los Manos folgten wir der Schotterpiste bis zu einem kleinen Weiler an der Ruta 40.
Hier standen einige wenige Häuser im Quadrat angeordnet, die Stadt schien verlassen zu sein, einzig an der Freilufttankstelle fand man einen Einheimischen. Der Benzinpreis lässt einen spühren, dass die nächste Tankstelle 300km entfernt liegt.
Gegen den patagonischen Winden kämpften wir uns weiter Richtung Süden, die Motorradfahrer kamen uns mit guter Schräglage entgegen um den Seitenwinden entgegen zu wirken. Wirklich leid taten uns aber die Fahrradfahrer welche hier unterwegs waren, diese wurden teilweise quer über die Strasse gewindet was bei dem Verkehr hier nicht ganz ungefährlich ist.

Wir fanden einmal mehr einen netten Standplatz leicht abseits der Hauptstrasse nahe einem See. Wie so oft kommt während dem Abendessen zubereiten oder Essen immer mal wieder ein wildes Tier vorbei. Diesmal war es ein Fuchs (sind hier sehr scheue Tiere). Er fand unseren schimmligen Rahm welchen wir in die Wiese gekippt hatten. Während er es sich schmecken liess, machte sich Katja sorgen dass er jetzt wegen uns Durchfall kriegen würde.... aber ihre Feuchttücher wollte sie trotzdem nicht teilen :-) Der Fuchs legte sich danach ganz in der Nähe gemütlich hin und tat das was wir auch taten, die Abendsonne geniessen!


Dieser Abschnitt war bis jetzt der einzige auf der Ruta 40 welcher nicht asphaltiert ist. Einzelne Abschnitte schienen eine echte Schlammpiste zu sein wenn es hier regnet. Wir haben später auch erfahren dass hier Campertruks, Lastwagen aus dem Sumpf gezogen hätten, sie haben auch gemeint dass mit einem PW diese Stellen nur sehr schwer zu passieren wären wenn es regnet. Oups - wir müssen hier wieder zurück!!

Ich schreibe hier oft von der Ruta 40 daher vielleicht auch mal noch ein paar zusätzliche Infos dazu. Dies ist wahrsscheinlich eine der längsten Strassen in Argentinien mit seinen 5200km. Sie beginnt irgendwo im Norden an der Bolivianischen Grenze und folgt entlang den Anden bis nach Rio Gallegos der letzte grössere Ort auf dem Festland im Süden. Auch wenn die Ruta 40 teilweise langweilig wirkt, so bleibt uns keine andere Wahl, ausser wir wollen Schotterpiste fahren - und soviel Zeit (und Ersatzreifen) haben wir auch nicht. So wird sich unsere Reise auf argentinischem Boden oft auf der Ruta 40 abspielen.

Wir machten wiedermal etwas Reiseplanung und beschlossen Silvester in El Calafate zu verbringen. So fuhren wir bereits einige Tage vorher dahin um auf einem Campingplatz zu übernachten und einen Platz für Silvester zu reservieren. Da aber die ganze Zeit niemand auftauchte, übernachteten wir gratis und machten uns in der Früh aus dem Staub...
Hauptgrund um nach Calafate zu kommen ist der Perito Moreno Gletscher (hat nichts mit dem Dorf Perito Moreno zu tun). Dieser Gletscher ist einer der wenigen, wachsenden Gletscher weltweit und bewegt sich 2m pro Tag nach vorne. Das heisst es bricht im Durchschnitt jeden Tag auf einer Breite von 5km, 2m Eis ab bei einer Eishöhe von 40-70m.

Leider erwischten wir einen ziemlich miesen Tag und da das Ticket (30 Stutz) nur einen Tag gültig ist, kann man auch nicht einfach so zurückkommen. Ich fand das so faszinierend stundenlang auf den Gletscher zu starren und zu versuchen die Abbrüche zu erahnen. Katja frohr sich die Seele aus dem Leib - für mich! Wir standen da mit unseren Jacken von der Antarktisexpedition gewappnet für Wind und Regen. Ein Knacken hier ein Krachen da und plötzlich donnert es irgendwo anders, die Geräusche fuhren einem teilweise richtig durch Mark und Bein. Die Tatsache dass der Schall etwas Zeit braucht merkt man hier extrem gut, oft ist das Eis schon im Wasser verschwunden bis das Tosen die eigenen Ohren erreicht. So galt es zu lernen wo wann etwas abbrechen könnte. Schon fast auf dem Rückweg sahen wir dann einen risigen Abbruch und konnten den sogar noch photografisch festhalten. Der Abbruch wurde von einem gewaltigen Donner begleitet und von einer ca. 2-3m hohen Flutwelle. Solche Dinge kann man schwer beschreiben, einfach nur Gänsehaut und atemberaubend.


Vom mitlerweile fast leeren Parkplatz fuhren wir wieder weg vom Park zu unserem nächsten Ziel. Mit einer kleinen Wanderung wollten wir unser Wanderjahr abschliessen zu einem 1300m "Gipfel". Nach dem Tag am Gletscher wollten wir für jedes Wetter gerüstet sein. Die Wanderung schien kein Ende zu nehmen und als wir dachten fast oben zu sein, zeigte sich nochmals ein steiler, sandiger Anstieg. Ich fragte mich oft wie wir auf den 6000er gekommen sind wenn wir bei solch einfachen Wanderungen so ins Schwitzen geraten. Auf dem Weg nach oben zeigte sich der Perito Moreno Gletscher stets am Horizont, leider konnten wir die torres del Paine von Chile nicht erspähen, da diese in den Wolken lagen.


Für uns galt es auch schon unsere Rückreise zu planen, da ja die Flüge nicht günstiger werden....
So werden wir am 23. Februar wieder in der Schweiz sein, nach einem Abstecher an den Carneval in Salvador und Lissabon. Bis dahin versorgen wir Euch aber noch mit
Reisestories :-)

Wir verbringen gerade die letzten Stunden in einem für uns sehr aufregenden 2017.
Wir wünschen Euch einen guten Rutsch und einen guten Start ins Neue Jahr.

liebe Neujahrsgrüsse
Katja und Silvan

Fotos


Wir haben auf Polarstep unsere Reise auch als Route erfasst. Wenn wir GPS Signal haben, kann man sehen wo wir uns gerade rumtreiben. Von unseren Orten laden wir auch Fotos hoch. Auch für uns eine gute Arte die Reise festzuhalten.
Den Tipp haben wir von anderen Reisenden bekommen, daher haben wir erst jetzt damit angefangen.

Link Polarstep

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