Freitag, 20. Oktober 2017

Erlebnisse rund um La Paz

Unterwegs in La Paz

An unserem ersten Tag in La Paz nahmen wir an einer Free Walking Tour teil, eine Stadtführung, die hauptsächlich von Studenten durchgeführt wird und deren Bezahlung auf Trinkgeld basiert. Der Hauptgrund für die Teilnahme war, dass diese Tour scheinbar als einzige die Lizenz hat, das Gefängnis "San Pedro" zu besichtigen - ein Gefängnis, das eine Stadt in der Stadt ist.
Die Gefangenen, die es sich leisten können, haben Wohnungen, es gibt Restaurants und Geschäfte, aber alles innerhalb der Gefängnismauern. Gefangene, die es sich nicht leisten können, müssen auf der Strasse schlafen. Innerhalb des Gefängnisses gibt es keine Polizei. Gefangene, die Probleme mit anderen Gefangenen bekommen, sind auf sich selbst gestellt.
Die Familien der Gefangenen können aber wählen, ob sie mit dem Gefangenen im Gefängnis leben möchten oder nicht. Letztendlich standen wir mit der Stadtführung nur vor dem Gefängnistor und bekamen ein paar Erläuterungen. Führungen im Gefängnis sind inzwischen illegal und verboten, weil Touristen es scheinbar übertrieben haben, da drin Drogen zu handeln.



Am Sonntag findet in El Alto ein riesiger Markt statt. Den wollten wir besichtigen, aber diesmal hat es Silvan erwischt - Fieber, Erbrechen... So hat er fast den ganzen Sonntag schlafend verbracht. Ich habe die Zeit genutzt, um auf dem Gemüsemarkt einzukaufen und mal wieder selbst zu kochen. Das machen wir aufgrund der günstigen Restaurants hier ziemlich selten. Der Schlaf und vielleicht auch meine Suppe scheinen geholfen zu haben. ;-) Zumindest ging es Silvan am nächsten Tag schon wieder viel besser.
Die Verkäuferinnen auf dem Markt nennt man "Cholitas". Sie sind alle in Tracht, mit Hut und zwei langen Zöpfen und alle sind sehr beleibt.


So erkundeten wir ein bisschen La Paz und nutzten einige der Seilbahnen, um einen Überblick von oben zu bekommen. Mittlerweile sind 5 Seilbahnen in Betrieb, die den Talkessel von La Paz mit den höheren Regionen in El Alto verbinden und den Stadtverkehr entlasten sollen. Das ist auch dringendst nötig. Denn der Verkehr in La Paz ist von morgens bis tief in die Nacht das reinste Chaos! Mindestens 3 weitere Seilbahnen sind geplant bzw. schon im Bau. Unklar ist, wie die Seilbahnen finanziert werden, da die Einnahmen nicht einmal 10% der Ausgaben decken. Ausgelastet sind sie aber ganz gut.



Mountainbiketour auf der Dead Road 

Eine der meist umworbenen Aktivitäten in der Nähe von La Paz ist eine Mountainbiketour auf der Dead Road (Todesstrasse). Auch Silvan wollte die Tour machen und da andere Reisende bereits davon geschwärmt hatten, entschloss ich mich, trotz fehlender Mountainbikeerfahrung, mitzugehen. Die Strasse war früher die Hauptstrasse nach La Paz - eine sehr enge Dreckstrasse, auf der es kaum möglich war, zu kreuzen und mit steilen Abgründen von mehreren 100 Metern.



Jedes Jahr sind ca. 200 Menschen auf der Strasse ums Leben gekommen bzw. abgestürzt. Die umgekommenen Leute wurden geborgen, aber die Fahrzeuge liegen heute noch im Abgrund, zugedeckt von der Vegetation. Seit ca. 12 Jahren gibt es eine moderne, breitere Umfahrung. Die "Dead Road" wird inzwischen nur noch vom Tourismus für die Fahrradabfahrten genutzt. Man startet auf 4700 Metern und fährt während 64km durch die verschiedenen Klimazonen runter auf 1200 Meter. Die landschaftlich schönen Ausblicke konnten wir nur bedingt geniessen, da man sich doch recht auf die holprige Strasse konzentrieren musste.


Jedoch hielten wir hin und wieder an, um Fotos zu machen. Unten angekommen, warteten wir statt der angekündigten halben Stunden über eine Stunde bis die Guides die Fahrräder gewaschen haben. Die kleinen Stechfliegen hatten ihre wahre Freude daran und machten sich an die Beine von Silvan. Mit jeweils etwa 50 Stichen (pro Bein!) gings weiter zum abschliessenden Mittagessen.

Huayna Potosi (6088 Meter über Meer)

In der Nähe von La Paz befindet sich der Berg "Huayna Potosi". Der ist 6088 Meter hoch und gilt als einer der leichtesten 6000er weltweit.


Als Silvan das bewusst wurde, hat es ihn zu sehr gereizt, es nochmal zu probieren, ob er es auf den Gipfel solch eines Berges schafft. Es ist immer ein Guide, der mit 2 Leuten hoch geht, so entschied ich mich, ihn zu begleiten. Zur Aklimatisierung gingen wir einen Tag vor der Tour noch auf den Berg "Chacaltaya". Der ist ca. 5420 Meter hoch und war früher Boliviens höchstes Skigebiet. Heute ist der Gletscher vollständig verschwunden (somit auch der Schnee) und die Skihütte mit Toiletten und Restaurant ist dem Verfall preisgegeben. Auch einen Abstecher ins Valle de la Luna (Mondtal) haben wir an dem Tag noch gemacht, doch das war nicht so der Rede wert. Unsere Tour auf den Huayna Potosi startete 8:30 Uhr im Materiallager unserer Reiseagentour. Dort wurden wir ausgestattet mit Steigeisen, Harnisch, wetterfester Kleidung, Eisaxt, Schlafsack, Helm, Schneestulpen für über die Schuhe und Bergsteigerschuhe. Für die ersten 2 Tage mussten wir noch Wasser mitnehmen. So trugen wir zu all der Ausrüstung und der Kleidung, die wir so noch brauchten, noch 5 Liter Wasser mit pro Person. Mit dem Taxi ging es dann von La Paz ca. 1,5 Stunden zum ersten Refugio auf 4800 Meter. Hier bekamen wir ein einfaches Mittagessen. Danach ging es in voller Montur zum nahegelegenen Gletscher, um dort zum einen das Laufen mit den Steigeisen und zum anderen das Eisklettern zu üben.


Wir übernachteten im Schlafsaal des Refugiums, der für die Höhe noch erstaunlich warm war. Am nächsten Morgen bekamen wir ca. 8 Uhr Frühstück und gegen 10 Uhr ging es dann voll bepackt mit ca. 20kg Gepäck zum zweiten Refugium auf 5130 Metern. Für den Aufstieg benötigten wir ca. 3 Stunden. In einigen Berichten hatten wir gelesen, dass das für viele der anstrengendste Tag ist. Im Refugio bekamen wir wieder ein einfaches Mittagessen - Reis und zwei kleine Scheiben gebratenen Frischkäse. Dann war ruhen angesagt bis 17 Uhr. Manche schliefen, manche ruhten - es war auf jeden Fall diszipliniert ruhig. Um 17 Uhr wurden wir von unseren Guides geweckt. Beim Abendessen zeigte sich der Unterschied zwischen den einzelnen Touranbietern. So bekam jeder etwas anderes. Zumindest beim Abendessen konnten wir mit den Kochkünsten unseres Guides zufrieden sein. Gegen 18 Uhr legten wir uns wieder schlafen bis Mitternacht und nach einem kleinen Snack starteten wir unseren Aufstieg. In voller Montur und genügend warm eingepackt ging es los. Unter uns war alles bewölkt und über uns strahlte der Vollmond am wolkenfreien Himmel. Unserem Guide sagten wir noch, dass er langsam gehen soll und für uns nur wichtig ist, auf dem Gipfel anzukommen. Er muss nicht das Gefühl haben, uns bis zum Sonnenaufgang hochbringen zu müssen. Pause machten wir, wenn Silvan und ich das Gefühl hatten, dass wir eine machen wollen. Unser Guide hat von selbst nie eine Pause eingelegt. Es gab unterwegs zwei steilere Stellen, wo wir etwas klettern mussten, aber sonst war es machbar, einigermassen normal zu laufen mit den Steigeisen. Nach ca. 6,5 Stunden Aufstieg und etwas mehr als 900 Höhenmetern erreichten wir den Gipfel. Es war längst hell und leider auch schon etwas zugezogen, aber wir waren mega stolz auf uns. Vor allem die letzte halbe Stunde hatte extrem an unseren Kräften gezerrt und uns physisch an unsere Grenzen gebracht. Um so schöner war es, endlich oben zu stehen. Wir blieben dort ca. 15 Minuten zum Fotos machen und den Ausblick geniessen.


Dann machten wir uns wieder auf den Rückweg. Das waren nochmal 2 harte Stunden. Da der Schnee durch die Sonne langsam weich wurde und die Steigeisen verklebte, wurde es auch noch rutschig. Dafür versetzte die Landschaft uns ins Staunen! Unendlich tief scheinende Gletscherspalten und Höhlen glitzerten mit malerisch blauem Eis, was mich immer wieder zu Fotostopps verleiten liess.



Wir waren froh, als wir das Refugium erreichten und unsere Montur ablegen konnten. Furchtbar müde packten wir unsere Sachen zusammen, assen eine leichte Suppe und dann ging es nochmals eine Stunde bergab zum ersten Refugium - diesmal mit genau dem gleich schweren Gepäck wie am zweiten Tag. Aber auch das packten wir. Unten angekommen wartete schon unser Taxi und brachte uns zurück nach La Paz. Dort gönnten wir uns die wohlverdiente Ruhe.

Markt in El Alto

Am nächsten Tag war schon wieder Sonntag. Diesmal konnten wir den grossen Markt in El Alto besichtigen. Den erreicht man über eine der Seilbahnen. Wir konnten kaum glauben, dass da wirklich so viel Leute anstehen - 25 Minuten haben wir gewartet, gerechnet hatten wir bei der Länge der Schlange mit einer Stunde. Der Markt ist riesig!!! Autoersatzteile jeglicher Art, Schrauben, Kabel, Autobatterien, Autositze, Stossstangen, Kleidung, Elektrowaren, Holz, Türen, Haushaltswaren, Töpfe und Pfannen und vieles vieles mehr...


Wir sind dann mit einer anderen Seilbahn in El Alto noch über den Markt gefahren und haben da das ganze Ausmass sehen können.



Tiwanaku

Einen Tagesausflug machten wir noch nach Tiwanaku, einst religiöses Zentrum der Prä-Inka-Kulturen rund um den Titicacasee. Besiedelt war Tiwanaku von ca. 300 v.Chr. bis 1200 n.Chr.. Eigentlich hatten wir das gar nicht mehr auf dem Plan. Nachdem wir aber in La Paz einen kleinen Park mit einer Replika eines Teils der Ausgrabungsstätte gesehen hatten, überlegten wir es uns anders. Wir erwarteten mehr als tatsächlich zu sehen war. Ausgegraben sind scheinbar nur 1% der ursprünglichen Gesamtfläche und das Meiste ist relativ schlecht restauriert worden. Zudem hatten wir einen komischen Guide, der kaum zu verstehen war. Es war fast bisschen schade um die Zeit.



Besuch in Yacuiba

Nach fast 2 Wochen in La Paz war es dann so weit, dass wir endlich Silvans Bruder Ady trafen. Um uns lange Busreisen von La Paz nach Santa Cruz zu sparen, nahmen wir das Flugzeug. Als wir ankamen, wartete Ady schon am Flughafen. Das erste Mal auf unserer Reise, wo wir abgeholt wurden. Das ist schon Klasse! ;-) Wir freuten uns sehr über das Wiedersehen. Ady hatte noch geschäftlich zu tun in Santa Cruz, so dass wir noch eine Nacht dort verbrachten. Am nächsten Tag ging es dann mit dem Nachtbus von Santa Cruz nach Yacuiba (ganz im Süden von Bolivien, an der argentinischen Grenze), wo er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern lebt. Vor allem Fabricio, der bald 6jährige Sohn war schon sehr aufgeregt, endlich seinen Tio (Onkel) Silvan zu sehen. Wir verbrachten 5 sehr schöne, ruhige und angenehme Tage in Yacuiba und Fabricio nutzte jede Gelegenheit zum Spielen mit uns.


Auch seinen Kindergarten besuchten wir. Jeden Montag gibt es eine Begrüssungs-zeremonie, wo die Mädchen rote Kleider mit weisser Bluse tragen und die Jungen im Anzug(!) kommen.


Die Erzieherinnen werden begrüsst und es wird zusammen auf dem Hauptplatz gesungen, bevor jede Gruppe in ihr Klassenzimmer geht. Normalerweise dürfen die Eltern / Verwandte der "Zeremonie" nicht mehr beiwohnen, aber für uns gab es eine Ausnahme.
5 Monate haben wir uns auf den Besuch gefreut und nun ist er schon vorbei. Die Zeit verging extrem schnell.
Für die Weiterreise entschieden wir uns nochmals für's Flugzeug von Yacuiba nach Tarija. Unser Flug war für 11.30 Uhr geplant, 11 Uhr sollte Boarding sein. Wir waren vielleicht kurz nach 10 Uhr am Check-In. Der Flughafen ist sehr sehr klein in Yacuiba und so wollten wir die Zeit bis zum Boarding noch mit Ady und seiner Familie verbringen. 10:40 Uhr sahen wir all die Passagiere schon ins Flugzeug steigen und die Sicherheitskontrolle schloss. Als wir den Sicherheitsmann fragten, ob der Flug nach Tarija um 11.30 Uhr geht, gab der uns zu verstehen, dass der Flug schon bereit wäre für den Start. Niemand vermisste uns... Er schaute auf unsere Tickets und winkte uns ohne Kontrolle hektisch durch. Als Silvan ins Flugzeug stieg, zog man ihm schon fast die Treppe unter den Füssen weg. Sonst geht es immer so gemächlich zu und selten geht ein Transport mit weniger als 15 Minuten Verspätung. Wir hoben 10:45 Uhr ab und landeten nach nur 15 Minuten Flug schon 11 Uhr in Tarija - grad zur Zeit wo das Boarding hätte beginnen sollen.
Unglaublich, dass die Fahrtzeit mit dem Bus aufgrund der schlechten Strasse 9 Stunden gedauert hätte. In Bolivien sind wir noch ein bisschen unterwegs.

Bis bald und liebe Grüsse
Silvan & Katja

Fotolink   (wenn man mit der Maus über die Fotos fährt, sollte man die Fotobeschriftung sehen)

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