Samstag, 28. Oktober 2017

Atemberaubende Natur im Hochland von Bolivien

Mittlerweile ist auch schon Bolivien für uns wieder Geschichte und wir kriegen zu spüren dass wir im teuren Chile angekommen sind. Katja macht sich schon Gedanken dass unser Reisebudget nicht reicht und wie sie den Christbaum schmücken könnte... :-)

Tarija
In Tarija verbrachten wir einen gemütlichen Tag bei angenehmen Temperaturen, dies eigentlich nur, da wir dachten gemütlich mit einer 6-stündigen Busreise nach Sucre zu kommen.
Das Abendessen versüssten wir uns mit einer Flasche Wein, welcher aus den hier (bis zu 2000m.ü.M.) wachsenden Trauben hergestellt wird. War überraschend fein.
An dieser Stelle hat das absolut fantastische Frühstück einen Eintrag verdient. Mit den in unseren Zimmerpreisen enthaltenen Frühstücksvariationen könnte man einen eigenen Bericht schreiben! Diesmal war das Buffet voll mit Früchten, sogar Kiwi war dabei! Hinzu kam ein frischgepresster Saft, ein Kaffee, Ei nach Wahl, Toast und feines Brot - der absolute Wahnsinn, was wir auch zu geniessen wussten!
Um 10:00 dann am Busbahnhof angekommen erfuhren wir, dass der nächste Bus nach Sucre erst um 13:00 abfahren würde und mind. 10h braucht.
Wir entschieden uns dann für ein doppelt so teures Taxi (was sofort losfuhr), was wir mit sechs andern teilten, nach Sucre - dennoch dauerte es 9 Stunden bis an unser Ziel.

Sucre
Fragt man nach der Hauptstadt von Bolivien, hört man oft La Paz (glaubte ich auch) - jedoch ist dies Sucre. Die Regierung sitzt zwar in La Paz aber Sucre ist halt doch noch die Hauptstadt.
Die Stadt liegt etwas unterhalb des Altiplano und ist somit mit einem angenehmen Klima gesegnet was richtig einlädt, um die schöne, weisse, koloniale Altstadt zu erkunden.
                                        Auf dem Kirchendach am Glocken läuten..

Die Stadt wurde nach dem Mariscal (Marschall) Sucre benannt, der nebst Bolivar der grosse Befreier, von den Spaniern, hier in Südamerika war. Zum Reichtum kam die Stadt aber vor allem durch den Silberabbau im relativ nahen Potosi. Die Stadt wechselte einige Male ihren Namen, darunter auch "La Plata" was Silber oder auch Geld heisst - dies aus dem Grund da beides im Überfluss vorhanden war!
Uns hat die Stadt extrem gut gefallen, da nebst dem schönen Wetter auch gute Restaurants und vorallem ruhige Parks überall zu finden sind.
Was aber definitiv der kulinarische Renner war, war die Schokolade für welche Sucre auch bekannt ist. Feinste Praline, heisse Schokolade und Schokobecher mit Likör - da fühlt sich jeder Schweizer heimisch, jedoch zu bolivianischen Preisen :-)

Im nahegelegenen Dino-Park konnten wir lebensgrosse Nachbildungen von diversen Dinosauriern (bin kein Fachmann) bestaunen, zudem gab es noch ein Skelett von einem Rex. An der nahegelegenen Felswand waren echte Spuren von Dinos zu sehen, welche über die ganzen 1.5km verteilt waren. Die heutige Kalkschicht ist Museumsgerecht fast vertikal aufgestellt - dies aufgrund der Verschiebungen der tektonischen Platten - also im Gegensatz zu den Nachbildungen alles orginal! Leider gab es an diesem Nachmittag keine Führung zu den Spuren, welche teilweise einen Durchmesser von über einem Meter haben sollen.

Nach Potosi wollten wir eigentlich mit dem Ferrobus, was eine Mischung von Ferrocaril (Zug) und Bus war. Leider ist seit einem Monat die Strecke unterbrochen, so dass das einmalige Gefährt momentan nicht mehr in Betrieb ist. Alleine die Bilder vom umgebauten Bus lässt das abenteuerliche Reiseherz höher schlagen....

                                        Leider ausser Betrieb

Potosi
Da wir bis jetzt noch nie beklaut wurden, machten wir uns zur Gewohnheit immer mal wieder kleine Dinge zu vergessen... Diesmal war es meine Faserpelzjacke, welche ich bei meinem Bruder "hinterlassen" habe - immerhin bleibts in der Familie.
So hatte ich auf dem sonntäglichen Markt eine riesige Auswahl wo ich mir einen gebührenden Ersatz beschaffte.
Nach Potosi wollten wir (ich) eigentlich nur um eine der berüchtigten Minentouren mitzuerleben. Potosi liegt auf ca. 4100m mit seinem Hausberg dem "Cerro Rico" (reicher Berg) wo unerschöpflich zu sein scheint. Im Berg befinden sich 150km Gänge verteit auf 400 verschiedene Minen wo heute noch 180 in Betrieb sind. Bevor es jedoch in die Minen ging, galt es noch die üblichen Mitbringsel für die Minenarbeiter zu besorgen. Wir fuhren zu einem kleinen "Supermarkt" wo es alles gab, was die Mineuere benötigten. Hammer, Meissel, Bohrhammer, Fettbüchsen, Schnur, Bretter usw. Etwas aus der Reihe tanzten da die Kokablätter, 96% Alkohol und der Sprengstoff mit Zünder und Sprengverstärker (Completo genannt). So konnte unser einer zum ersten Mal im Leben Sprengstoff im Supermarkt kaufen... wär doch mal was um den Garten umzugraben!
                                                         Sprengmeister Sidler

Anschliessend gings zum Mineneingang auf 4400m wo auf der zweiten von vier Ebenen die Zuggleise aus dem Mineneingang führten. Wir liefen den Gleisen entlang wo wir immer wieder den Karren auf den Gleisen ausweichen mussten. Hinein wurden diese von drei Männern gezogen, nach draussen gings mit zwei Bremsern, welche mit ihren Füssen den 2Tonnen Wagen zu bremsen versuchten. Begleitet wurden diese Wagen von einem ungeheuerlichen Grollen - als ob der Berg drohen wollte! Im Stollen lag Staub in der Luft der richtig schmerzte in der Nase - so hielten wir unsere Staubmasken stetig aufgesetzt, was das Atmen noch schwieriger machte.
Schon ziemlich ausser Puste kamen wir beim Pausenplatz (ein kleiner toter Stollenteil) an, wo el Tio (der Onkel) sass. Dies ist der "Schutzpatron" der Mineure, ihm werden Opfergaben zum Schutz vor Unfällen und gutem Glück bei der Mineralsuche geopfert (die Flaschen mit dem 96% Alkohol waren jedoch alle leer....).
Nach der sehr willkommenen Pause gings zu den Arbeitsplätzen der Mineure welche übrigens alle auf eigene Rechnung arbeiten und jeweils einen Teil an die Genossenschaft und an den Staat abgeben müssen. Immer wieder hörten wir Sprengungen welche irgendwo im Ganglabyrinth durchgeführt wurden.
20m hinunter in ein unteres Level, durch körpergrosse Öffnungen verschwanden wir über eine Leiter (wo Sprossen fehlten) in untere Schichten wo der Boden weiter steilabfallend nach unten ging. Die Gänge wurden enger und die Luft heisser und war mit Staub und Dynamit vermischt. Ein Belüftungssystem gibt es nicht - genauso wenig wie Pläne wo welche Stollen sind. Wir trafen an verschiedenen Orten Mineure bei der Arbeit an, welchen wir unsere Mitbringsel aushändigten. Der Guide (ein ehemaliger, kurzzeitiger Mineur) suchte immer wieder das Gespräch mit den Männern. Wie alt bist Du, wie lange in der Mine und was so gefunden wurde. Der Älteste war 38Jahre und hatte bereits 20Jahre im Berg verbracht.

      Mineur beim verlesen der wertvollen Mineralien (Zink, Silber, Zinn und Nickel)

Es wurde viel gelacht und es wurden Sprüche geklopft - schlechte Laune bzw. schlechte Stimmung gilt unter den Mineuren als schlechtes Omen. Angesichts der hier herrschenden Arbeitsbedingungen extrem schwer vorzustellen - zumal der 38jährige eigentlich seine Lebenserwartung fast erfüllt hat!! Die Mineure "betäuben" sich mit Kokablättern. Diese lassen kein Hungergefühl aufkommen, sowie werden zusätzliche Kräfte freigesetzt. Das Essen in den Minen wäre aufgrund vom Staub mit Durchfall und Übelkeit verbunden. Und da das Essen ausserhalb der Mine zu viel Zeit in Ansprung nehmen würde (nebst dem Kraftverschleiss von Hin und Rückweg) wird das Essen halt schlicht "weggelassen". Auf dem Weg zum nächsten Arbeitsplatz krochen wir durch ein Mannsloch, wo die Rucksäcke einzeln durchgereicht werden mussten - im Wissen dass wir das alles wieder zurück mussten, bekam mich ein völlig anderes Gefühl (Katja ist von Anfang an draussen geblieben..).
Ich war froh, endlich wieder auf der Gleisebene angekommen zu sein - völlig ausser Atem und platschnassgeschwitzt. Auf dem Rückweg sahen wir noch eine Gruppe, welche gerade eine Sprengung durchführte. Als die 3Minütige Zündschnur gezündet wurde, machten wir uns aus dem Staub... Nach einer Minute zuckten wir alle zusammen, als uns die Detonation durch Marck und Bein fuhr - es waren bolivianische 3 Minuten!!
Ich war froh das Licht am Ende vom Tunnel zu sehen und dieser Hölle zu entfliehen.
Das Bergwerk ist seit fast 500 Jahren im Betrieb. Wieviel Silber aus dem Berg genau gefördert wurde, ist nicht bekannt - jedoch wurde ein grosser Teil des gesamten spanischen Reichs über Jahrzehnte damit finanziert!
Insgesamt kamen über 8Millionen Menschen ums Leben, heute arbeiten noch ca. 15'000 Mineure im Berg wo es täglich zu einem Todesfall kommt. Die Lebenserwartung liegt bei ca. 40Jahren, wobei teilweise schon 14jährige in den Minen arbeiten. Einst galt Potosi als reichste Stadt von ganz Amerkia - heute ist sie wahrscheinlich eine der Ärmsten überhaupt.

Uyuni
Von Potosi gings weiter nach Uyuni - die bereits karge Landschaft wurde noch karger und nebst Steinen in allen Farben waren nur noch die strohähnlichen Grasbüschel übrig geblieben. Dies reicht jedoch um die Lamas und die wilden Vicunas zu ernähren.
In Uyuni angekommen, wollten wir eigentlich gleich wieder weiter - nicht wirklich ein Ort zum bleiben, aber halt viele Touranbieter für die Salar de Uyuni Tour.
Der erste Stopp der gebuchten Tour führte uns zum Zugfriedhof von Uyuni. Hier war die Hauptwerkstatt und somit das Ersatzlager der alten Dampfmaschinen, welche in den 70er Jahren durch Diesellocks abgelösst wurden. Dies war und ist die Schlagader um all die reichlich vorkommenden Bodenschätze über Chile zu exportieren.

                                                   Wie auf dem Kinderspielplatz

Die zweite Hälfte vom Tag verbrachten wir in der grössten Salzwüste der Welt - Salar de Uyuni, welche auf einer Fläche, die 25% der Schweiz entspricht, eine salzige Einöde bildet. Mit dem Jeep ging es scheinbar endlos der etwas abgefahrenen Fläche entlang. Immerwieder zeigten sich fatamorganaähnliche Erscheinungen - ein guter Platz für lustige Fotos..:-)

                                                          wie zwei Akrobaten

Die erste Übernachtung war dann schon wieder auf dem Festland, jedoch in einem Salzhostel - echt cool oder wie die Einheimischen sagen "Chevre".
Am zweiten Tag ging es zunächst durch eine weitere kleine Salzwüste bevor wir dann eine nach der anderen Lagune abklapperten. Jede leuchtete in einer anderen Farbe je nach dem was gerade für ein Mineral im Wasser enthalten war - was fast überall geleich war, waren die unzähligen Flamingos welche hier ein Schlaraffenland vorfinden.

                                        Zwei Reisevögel im Reich der Flamingos

Im Wasser scheint hier das ganze Leben zu stecken, denn in der kargen Landschaft gibt es nichts - ausser Vicunas die sich von scheinbar "nichts" ernähren können.

                                       Unsere Lieblinge - Einfach süss die kleinen!

Die zweite Nacht war auf über 4000m bei kaltem Wind - so waren am Morgen alle Lagunen zugefroren inkl. den festgefrohrenen! Flamingos die sehnlich auf die schmelzenden Sonne warteten. Die kalte und klare Nacht hatte auch ihre Vorteile - STERNENHIMMEL!!!!
Am dritten Tag gings am Morgen früh zu Geysiren. Diese rauchten in der Morgenkälte aus ihren Löchern, so dass es angenehm warm war in deren Nähe.
                                        Rauchende Geysire in der Morgenkälte

Gleich nebenan lag noch der letzte Schnee vom Winter, welcher bizarr geformt völlig fremd in der Wüste lag. Zum Schluss ging es dann nochmals an einigen Lagunen vorbei bevor wir an einem einsamen Grenzübergang in den Bergen Bolivien den Rücken kehrten und nach Chile einreisten.

Ciao Bolivia
Für mich war Bolivien eine Herzensangelegenheit, nebst dem Land was mir bereits im Reiseführer sympathisch war, konnte ich auch endlich meinen Bruder und seine Familie bei ihnen Zuhause besuchen. Hinzu kamen unvergessliche Momente, allen voran unser erster 6000er (sind immernoch stolz auf uns...), die Minen von Potosi und die Salar de Uyuni Tour. Das Land hätte noch viel mehr zu bieten, aber dafür fehlte selbst uns die Zeit. Hier scheint es noch vieles zu geben was in anderen Ländern längst der Bürokratie (oder der Vernunft) zum Opfer gefallen ist. Wir haben die Bolivianer als extrem freundliches und ehrliches Volk kennen gelernt.
Das Land leidet noch immer darunter, dass sie diverse Gebiete in den Kriegen verloren haben. Allen voran der Meerzugang an Chile vor 150 Jahren (sind auch heute noch keine Freunde...) was vor allem für den Rohstoffhandel wichtig wäre!
Und so kommt es, dass die rohstoffreichsten Länder am Ende oft die Ärmsten sind.

Liebe Grüsse
Katja und Silvan

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